Starke Typen

Die Ästhetik des Wrestlings
Feature, ca. 55 Min.
SWR 2 vor Mitternacht
Regie: Petra Kast
Sprecher: Angelika Bartsch, Gunter Krämer, Hubertus Gertzen


HÖREN

Grobe Kerle in wehenden Umhängen, roten Masken, geschminkten Clownsgesichtern, geölten Körpern schlagen im Boxring brutal aufeinander ein, treten sich in die Gesichter, springen vom Seil mit voller Wucht auf den wehrlos am Boden liegenden Gegner, drehen sich die Arme auf den Rücken bis es knackt, brüllen vor Schmerz. Das kann nicht sein. Soll das ein Sport sein? Wrestling ist natülich Show, die fremde und seltsame Zwischen-Welt des "sports entertainment".

Aus der traditionellen Jahrmarktsringerei hat sich in den USA ein bizarrer Kosmos entwickelt, der in eigenen Fernsehshows, über Fanzines und Internet sein globales Fanpublikum fasziniert. Beim Wrestling geht's nicht nur um brutale Kampfszenen. Die Wrestling-Showserien sind Soap Operas. Jeder Kämpfer besitzt einen ausgefeilten Charakter, einen speziellen Stil, eigenes Kostümdesign, eine bombastische Auftrittsmusik. Die Helden sind versponnen in eine Geschichte: eingegliedert in Mannschaften, Kooperationen und fragile Koalitionen, in Mythen von Freundschaft und Verrat, von Königstreue und Brudermord. Wer erstmals eine Wrestling-Show im Fernsehen sieht, versteht nicht, wovon in den sensationslüsternen Kommentaren die Rede ist - weniger wegen der sportlichen Fachbegriffe als wegen der komplizierten Verwicklungen des Wrestling-Dramas.

Wrestling operiert mit vielfältigen Grenzüberschreitungen: der Grenzen des guten Geschmacks, der Grenzen des sportlichen Regelwerks und vor allem der Grenze zwischen Show und Realität. (Hat sich "The Rock" in der letzten Folge wirklich den Arm gebrochen?) Ein Feature auf der Suche nach den Codes einer populären Kultur.