Von der Liebe in Indien

Ein junges Paar zwischen Bollywood-Kitsch und arrangierter Vernunftehe
von Julia Elmer und Christoph Spittler
Feature, 54’28
SWR 2 Vor Mitternacht (Ursendung: 23.11.2003)
Regie: Iris Drögekamp. Sprecher: Irina Wanka, Jens Wawrczek u.a.

HÖREN
Ein südindisches Provinzstädtchen. Vinutha – Studentin - und Premananda -Journalist bei der Lokalzeitung – lernen sich im Bus kennen. Liebe auf den ersten Blick. Vinutha fragt ihre Mutter, ob sie Premananda heiraten darf.

Im Bus kennengelernt? Vinuthas Eltern sind schockiert. Aus Liebe heiraten? Passiert in Indien selten, jedenfalls außerhalb von Bombay oder Delhi. Normalerweise werden die Ehen von den Eltern arrangiert. Oft lernt sich ein Paar erst bei der Verlobung kennen, auch heute noch. Die Filme aus der Traumfabrik "Bollywood" feiern dagegen die romantische Liebesbeziehung nach westlichem Muster. Wie passt das zusammen? Wie vereinbaren junge Leute den Traum von der großen Liebe und die Realität der arrangierten Vernunftehen?

Liebe im Kino, Liebe im indischen Alltag. Das Feature verfolgt die schüchterne Liebesgeschichte von Vinutha und Premananda, ihr jahrelanges Versteckspiel, die Verhandlungen mit den Eltern, schließlich ihre Verlobung, die pompöse Hochzeit.

Parallel tauchen wir ein in die kitschige Traumwelt eines indischen Liebesfilms. Auch hier verliebt sich ein Paar, und auch hier wird auf sinnfällige Art die Vereinbarkeit von spontaner Liebe und Respekt vor den Traditionen gesucht. Die beiden Liebesgeschichten verflechten sich zu einer bonbonbunten Soap Opera, aus der jedoch immer wieder schroff die Härten und Schwierigkeiten des indischen Alltags, insbesondere der Situation der Frauen, herausragen.

Auftaucht ein ganz fremdes Konzept von Liebe. In Indien wird die spontane Verliebtheit, an die wir im Westen so sehr glauben, nicht einfach von der Gesellschaft "unterdrückt". Die Menschen verstehen unter "Liebe" etwas ganz anderes.